Wem eine Sache gut gefällt, der spricht gerne darüber. So ist es bei Hobbys, neuen Beziehungen, aber auch bei Produkten und Marken. Das so genannte Empfehlungsmarketing macht sich diesen Umstand zunutze.
Beginnen wir mit einem Beispiel:
Christine hat sich vor kurzem eine neue Kaffeemaschine zugelegt. Als große Kaffeeliebhaberin hat sie sich doppelte Mühe bei der Auswahl gemacht, Testberichte durchgelesen, Preis-Leistungsverhältnisse verglichen und in mehreren Fachgeschäften Probekaffees zubereitet. Letztendlich fiel ihre Wahl auf ein besonderes Modell, mit dem sie sehr zufrieden ist.

Den Tipp dazu hat sie von einem Arbeitskollegen. Als nun der Kaffeeautomat ihrer besten Freundin den Geist aufgibt, fragt diese Christine um Rat, da sie weiß, wie gut diese sich mit der Thematik auskennt. Natürlich schwärmt Christine von ihrem neuen Modell und legt ihrer Freundin wärmstens ans Herz, ebenfalls das gleiche Gerät zu kaufen. Ihre Freundin vertraut ihr, kauft die Kaffeemaschine und wird glücklich damit. Empfehlungsmarketing in Action!
1. Was ist Empfehlungsmarketing? Eine Definition
Obwohl Empfehlungsmarketing ein noch recht junges Themengebiet der Marketingforschung darstellt und als solches definiert wird, bestehen seine Strukturen bereits seit Jahrtausenden. Schon im alltäglichen Leben des Mittelalters konnte man Empfehlungsmarketing finden, auch wenn es dafür damals natürlich noch keine Definition gab.
Ein Bogenschütze war mit der Qualität seiner Pfeile sehr zufrieden und empfahl einem Kollegen seinen bevorzugten Schmied. Der zweite Schütze kaufte seine Pfeilspitzen fortan auch regelmäßig aus Überzeugung bei diesem Schmied und empfahl diesen anderen Kriegern. Und so weiter und so weiter.
Man sieht: Das Konzept des Empfehlungsmarketings ist kein neues. Dennoch sollte seine Wirksamkeit Unternehmen heutzutage ganz besonders bewusst sein. Außerdem können sie Empfehlungsmarketing nutzen – und zwar ganz bewusst
Empfehlungsmarketing bedeutet also: Kunden werben Kunden werben Kunden. Kunde A empfiehlt Kunde B die Produkte einer Marke, weil diese Marke ihn überzeugt hat. Diese Art der Kommunikation muss nicht zwingend mündlich vonstatten gehen, es gibt verschiedene direkte und indirekte Erscheinungsformen.
So kann zum Beispiel eine Produktbewertung auf Amazon einen interessierten Kunden zum Kauf motivieren. Denkbar ist auch, dass ein begeisterter Kunde ein Produktvideo mit seiner Review auf Youtube veröffentlicht. Hierbei spricht man vom so genannten User Generated Content. Die verschiedenen Formen fassen wir unter dem Punkt „Arten von Empfehlungsmarketing weiter unten zusammen.

2. Warum Empfehlungsmarketing?
Gegenüber herkömmlichen Marketinginstrumenten wie Werbung oder PR-Kampagnen hat eine Empfehlung eines Freundes einen klaren Vorteil: Meist vertraut man ihr ohne mit der Wimper zu zucken. Das hat erstens den simplen Grund, dass man einem Freund, Familienmitglied oder Kollegen grundsätzlich ein viel höheres Vertrauen entgegenbringt als einem (häufig unbekannten) Unternehmen.
Zweitens ist bekannt, dass ein Unternehmen aus seinen Marketingaktionen Profit schlagen will und einen deshalb zur Handlung überredet. Eine Person aus dem eigenen Umfeld hat normalerweise keinerlei wirtschaftliches Interessedaran, ob der Gesprächspartner eine Kaufhandlung durchführt oder nicht. Sie ist lediglich persönlich vom Produkt überzeugt und möchte diese Überzeugung teilen, dem Gegenüber damit also weiterhelfen.
Empfehlungsmarketing ist für ein Unternehmen, zumindest auf den ersten Blick, vollkommen kostenlos. Es scheint wie die „eierlegende Wollmilchsau“ des Marketings, die zudem nicht einmal gefüttert werden muss. Zufriedene Kunden sorgen per „Mundpropaganda“ für die Verbreitung der guten Nachricht, die Produkte der Marke seien hochwertig, preisgünstig und kaufenswert.
Die Marketingabteilung kann sich also entspannt zurücklehnen und wie von selbst steigenden Verkaufszahlen zusehen. Stimmt? Nicht ganz! Denn damit Kunden eine Dienstleistung, ein Produkt oder eine Marke aktiv weiterempfehlen, muss ein Unternehmen im Vorfeld gründlich seine Hausaufgaben erledigt haben.
Erfolgreiches Empfehlungsmarketing geht bereits bei der Konzeption und Produktion des Produktes los. Christines Kollege hätte ihr seinen Kaffeeautomaten natürlich nicht empfohlen, wenn dieser ständig streiken und außerdem der Kaffee schlecht schmecken würde.
Also heißt es, bereits bei der Herstellung eines Gerätes oder der Erstellung einer Dienstleistung vorab auf die bestmögliche Qualität zu achten. Nur, wenn eine Sache qualitativ hochwertiger als Konkurrenzprodukte ist oder zumindest scheint, wenn sie also positiv aus der Masse hervorsticht, wird man sie weiterempfehlen.
In den meisten Fällen spielt auch das allgemeine Auftreten eines Anbieters, also sein Image, eine wichtige Rolle. Dieser kann sich durch die Corporate Identity, den guten telefonischen Support oder die intuitive Handhabung der Homepage bemerkbar machen. Es ist also nicht nur die Qualität des gekauften Produktes oder der gebuchten Dienstleistung für eine spätere Empfehlung eine Rolle.
Expertentipp:
Auch der Umstand, dass der Kunde sich beim Einkauf, beim Gespräch mit dem Kundenservice oder einfach beim Schlendern durch den Laden wohl gefühlt hat, wird ihn dazu verleiten, die Marke weiterzuempfehlen. Wer also auf das Empfehlungsmarketing seines Unternehmens achtet, sollte verstärkt auf die Customer Experience achten.
3. Beispiele und Arten von Empfehlungsmarketing
Empfehlungsmarketing kann verschiedene Erscheinungsformen annehmen. Die erste und wohl offensichtlichste ist das einfache Empfehlungsgespräch, das hier bereits zur Genüge beschrieben wurde. Zum Zweiten können Empfehlungen in Form des bereits erwähnten User Generated Content (UGC) auftreten.
Dazu gehören zum Beispiel Produktbewertungen auf der Herstellerseite oder in Vergleichsportalen, die die Nutzer freiwillig dort einstellen. Auch in sozialen Netzwerken tun User gerne ihre Meinung und Erfahrungen kund. Je mehr Bewertungen eine Dienstleistung oder ein Produkt aufweist, desto höher ist das Vertrauen in die Gesamtbewertung.
Es kann sich dabei aber auch um ein Video oder einen Podcast handeln, in dem die Protagonisten eine bestimmte Marke besprechen. Den User Generated Content sollte man allerdings nicht mit Influencer Marketing verwechseln, welches eine eigene Form des Marketings darstellt und nur bedingt ähnliches Vertrauen zum Kunden aufbauen kann.
So genannte „Trials“ sind eine weit verbreitete Methode des Marketings, besonders im Software-Bereich. Ist ein Kunde an einem Computerprogramm oder einer App interessiert, kann er sie für einen gewissen Zeitraum (häufig beschränkt auf einen Monat oder 10 Sitzungen) kostenlos uneingeschränkt nutzen.
Aufgrund seiner Erfahrungen in der Trial-Phase kann er sich dann für oder gegen den Kauf entscheiden. Auch im Empfehlungsmarketing lassen sich Trials gut einsetzen. Ist ein Kunde mit einem Programm zufrieden und kennt interessierte Personen in seinem Umfeld, kann er diesen Links zu kostenlosen Testversionen zukommen lassen. Viele Softwareanbieter weisen aktiv auf diese Form der Empfehlung hin.
Diese Form des Empfehlungsmarketings führt uns direkt zur nächsten: Anwerbungsprogramme. Bei diesen Aktionen (häufig nennen sie sich „Kunden werben Kunden“) sollen Nutzer für ihre Empfehlung belohnt werden. Häufig ist diese Art des Marketings aber nicht bedingungslos, sondern mit einer Kaufhandlung aufgrund einer Empfehlung verbunden.

Daher ist sie nur schwer vom so genannten Affiliate-Marketing zu trennen, bei dem man für erfolgreiche Vermittlungen entlohnt wird. Der Kaffeeladenbesitzer könnte Christine beispielsweise eine E-Mail schicken, die einen speziellen Link zu seinem Shop enthält. Christine schickt den Link an ihre beste Freundin, die daraufhin ebenfalls eine Kaffeemaschine bestellt. Als Belohnung für ihre Empfehlung erhält Christine eine kostenlose Packung Fair-Trade-Kaffee.
Eine leicht institutionalisierte Form des Empfehlungsmarketings stellen Empfehlungs-Siegel dar. Hierbei sammeln unabhängige Firmen Kundenbewertungen und weitere Kennzahlen eines Unternehmens und stellen bei genug positiven Rezensionen ein standardisiertes Siegel aus.
Dieses kann anschließend auf Werbeplakaten oder der eigenen Homepage gezeigt werden, um die Zufriedenheit der eigenen Kunden zu verdeutlichen. Insofern handelt es sich auch bei dieser Art um eine eher indirekte Form des Marketings.
4. Aktives vs. passives Empfehlungsmarketing
Beim Empfehlungsmarketing lassen sich zwei verschiedene Formen unterscheiden: aktives und passives Empfehlungsmarketing. Fangen wir einmal mit den passiven Empfehlungen an. Diese kann man – natürlich nur nach erfolgreicher Vorarbeit – tatsächlich als den Selbstläufer des Empfehlungsmarketings bezeichnen.
Ein Kunde ist so begeistert vom gekauften Produkt, dass er ganz unaufgefordert seinen Freunden, seiner Familie oder seinen Kollegen davon erzählt. Die Marke selbst muss hierbei nicht eingreifen oder einen Anstoß geben: Ihre Rolle ist also passiv, wie der Name schon vermuten lässt.
Das aktive Empfehlungsmarketing wiederum erfordert etwas größere Anstrengungen seitens des oder der Geschäftstreibenden. Das heißt also, dass ein Unternehmen aktiv auf seine Kunden zugeht und um eine Weiterempfehlung seiner Services bittet. Das kann schon in Form eines einfachen Gesprächs passieren.
So könnte der Verkäufer im Kaffee-Fachgeschäft Christine bitten, ihre Kaffeemaschine oder im besten Fall seinen Laden weiterzuempfehlen, falls sie ihr gefallen. Natürlich lassen sich Empfehlungsanfragen auch auf digitalem Wege standardisiert durchführen. Beispielsweise wird man nach dem Einkauf in einem Online-Shop häufig nach seiner Einschätzung der Produkte oder der Kauferfahrung gefragt, die man per Bewertungsformular abgeben kann.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich nicht um eine direkte Empfehlung handelt, also nicht ein Kunde A eine Sache nicht direkt einem Kunden B weiterempfiehlt. Vielmehr gibt der Kunde seine Bewertung indirekt ab, ohne zu wissen, wer sie lesen wird. Wenn Christine also eine positive Bewertung ihrer Kaffeemaschine auf der Webseite des Herstellers schreibt, kann diese von beliebig vielen Interessierten gelesen werden.
Expertentipp:
Für die aktive Variante des Empfehlungsmarketings muss ein Unternehmen weitaus mehr Aufwand betreiben als für die passive Version. So müssen beispielsweise auf der Homepage entsprechende Bewertungsmöglichkeiteneingerichtet oder das Personal für derartige Gespräche geschult werden.
Jedoch lässt sie sich auch weitaus besser beziehungsweise überhaupt kontrollieren und lenken, wodurch die Marketingabteilung einen größeren Einfluss auf die Art und Qualität der ausgesprochenen Empfehlungen hat.

5. Fazit: klare Empfehlung!
Empfehlungen sind ein mächtiges Instrument, wenn es um die Steigerung des eigenen Umsatzes geht. Verschiedene Experten sprechen ihm sogar eine höhere Wirksamkeit als der klassischen Werbung zu und prognostizieren einen starken Zuwachs seiner Wichtigkeit in der Zukunft.
Jedoch müssen Unternehmen dieses Instrument auch zu nutzen wissen und damit klar kommen, dass sie seine Mechanismen nicht ins kleinste Detail kontrollieren können. Denn letztendlich ist genau diese schwere Kontrollierbarkeit die große Stärke des Empfehlungsmarketings: Ein guter Rat zwischen Freunden kann zur richtigen Zeit tausendmal mehr bewirken als eine Werbeanzeige.